Hoffnung auf eine starke Zukunft

Der Verein Bürger Pro A wurde zum 25-jährigen Bestehen im Opernhaus gewürdigt

Herausragender Klangkörper: Das Staatsorchester mit Generalmusikdirektor Francesco Angelico beim Festakt im Opernhaus. FOTOS: ANDREAS FISCHER/DIETER SCHACHTSCHNEIDER/NH/PRIVAT

VON CHRISTIANA NOBACH, "HNA 04.01.2022"

Kassel – Der Hoffnungsgedanke, der in Beethovens 9. Sinfonie einen fulminanten Abschluss findet, schien sich uneingeschränkt auf alle drei Reden auszuwirken: Zum 25-jährigen Bestehen des Fördervereins „Bürger pro A“ gab es einen Festakt am Sonntag im Opernhaus. Der Verein setzt sich für den Erhalt von Stellen beim Orchester und eine entsprechende tarifliche Einstufung der Musiker ein.

Intendant Florian Lutz, der erst seit dieser Saison für das Theater verantwortlich ist, zeigte sich in seiner Begrüßung begeistert, dass er in Kassel engagierte Bürgervereine vorgefunden hat, die sich für das Staatstheater einsetzten – und dabei ganz besonders eben „Pro A“. Dankbar zeigte er sich auch, dieses Konzert trotz banger Corona-Sorgen veranstalten zu können. Traurig und für ihn unverständlich sei nur, dass man mit der Beschränkung auf 250 Zuhörer ein Großteil der Interessierten wieder ausladen musste. Dem Spitzenorchester, dem Chor und Extrachor, den hervorragenden Solisten und besonders GMD Francesco Angelico dankte er leidenschaftlich und versicherte, alles auch weiterhin für den Erhalt der außerordentlichen Qualität des Orchesters zu tun.

Dankbar war auch Dr. Wendelin Göbel, seit 2015 erster Vorsitzender von „Bürger pro A“, dass dieses Konzert zeitgleich mit dem Pro-A-Jubiläum und Beethovens 250. Geburtstag geplant werden und nun endlich stattfinden konnte. Sein Blick ging in die Vergangenheit, als sich 1995 engagierte Bürger, allen voran Staatsminister Hans Krollmann, Leonhard Scheuch vom Bärenreiter-Verlag und HNA-Verleger Rainer Dierichs im engeren Vorstand, zusammen auch mit dem engagierten damaligen Orchestervorstand des Staatsorchesters, mit dem 1. Konzertmeister Otfried Nies und später mit dem damaligen Finanzminister Hans Eichel erfolgreich für den Erhalt des A- Status eingesetzt hatten.

Was ein Herunterstufen für Orchester und Theater bedeutet hätte, vermittelte anschaulich das Programmheft des Abends mit erhellenden Beiträgen von Susanne Berendes und Manfred Schumann.

Göbel und Oberbürger- meister Christian Geselle, dankten den vielen Bürgern, die sich verantwortlich für „Pro A“ eingesetzt haben. Geselle versicherte, dass auch die Stadt den Verein, der heute 600 Mitglieder hat, weiterhin unterstützen und alles dafür tun wolle, den A-Status zu erhalten. Eines der ältesten Orchester der Welt – es besteht seit 520 Jahren – müsse man einfach sicher in die Zukunft führen.

Nach zustimmendem Beifall genoss das Publikum die Aufführung der Beethoven-Symphonie und applaudierte, wie am Vortag, im Stehen.


Die Kraft des Guten

Beethovens 9. Sinfonie begeisterte beim Kasseler Neujahrskonzert

von Georg Pepl, "HNA, 03.01.2022"

Kassel – Endlich war es soweit: Die „Neunte“ erklang im Kasseler Opernhaus. Damit ehrte das Staatstheater nicht nur Ludwig van Beethoven, der 2020 seinen 250. Geburtstag gefeiert hätte. Die beiden Neujahrskonzerte feierten zugleich das 25-jährige Bestehen des Orchester-Fördervereins „Bürger pro A“, der die Konzerte auch maßgeblich unterstützt hatte.

Es wurde ein begeisterndes Ereignis: Das Staatsorchester Kassel demonstrierte einmal mehr sein glänzendes Niveau – ein Klangkörper, über den sich Musik-Enthusiasten nur freuen können. Generalmusikdirektor Francesco Angelico beeindruckte als exzellenter Dirigent mit starkem Profil. In der Musikgeschichte hat es schon vielfältige Zugänge zur 9. Sinfonie gegeben. Mal bekam sie einen schweren Titanenklang. Mal stürmte sie rhythmisch straff, was dann weniger an germanischen Tiefsinn als an die Französische Revolution denken ließ.

Angelico wählte einen eigenen Zugang: Ebenso energisch wie feinsinnig ließ er die Musik erklingen. Seine Sicht auf das Ausnahme Werk war gleichermaßen packend wie kultiviert. So gleich im ersten Satz. Bei aller Erhabenheit vernachlässigte die Interpretation nie die freundlichlichten Momente. Insgesamt zeichnete sie sich durch ein hohes Maß an Klarheit und Durchhörbarkeit aus.

Überzeugend waren auch die Tempi. Nachdem der Auftakt drängend, aber nicht gehetzt erklungen war, ging es im Scherzo richtig schnell zur Sache. Das rauschhafte Element dieses Satzes wird oft grimmig-bärbeißig exekutiert. Hier gab es eher leichtfüßige Eleganz zu bewundern. Erst recht in seinem Element war Angelico im langsamen Satz: ein zartes Gebilde voll feinster Regungen. Beethoven hatte eben auch eine zutiefst empfindsame Seite.

„Die Musik fungiert als Kraft des Guten, die uns erlaubt, als Menschen weiterleben zu können“, hatte Angelico im Programmheft formuliert. Das berühmte Finale machte diese Kraft transparent. Schilers und Beethovens Botschaft erhielt eine bewegende Frische. Angesichts der präzise ausgeloteten Balance fühlte man sich nie überrumpelt von dem „Evangelium der Weltenharmonie“, wie einst Nietzsche das Jubellied der Freude genannt hatte. Luxuriös besetzt war dabei das Solistenquartett mit Sopranistin Iulia Maria Dan, Mezzosopranistin Ulrike Schneider, Tenor Linard Vrielink und Bassbariton Kreimir Straanac. Ausdrucksstark meisterte es seine nicht immer dankbaren Aufgaben. Frisch und engagiert sang der Opern- und Extrachor des Staatstheaters – auf dem Gerüst der Raumbühne Pandaemonium, die jetzt abgebaut wird.

Pure Freude herrschte im Opernhaus, das unter den aktuellen Bedingungen mit 250 Gästen ausverkauft war. Das Publikum feierte die Mitwirkenden: Standing Ovations, ausgiebiges rhythmisches Klatschen.


Platzbeschränkung zu pauschal angeordnet

VON BETTINA FRASCHKE, "HNA 04.01.2022"

Bettina Fraschke HNA

„Seid umschlungen Millionen“ – so wird es in Beethovens 9. Sinfonie gesungen. Die Freude wird in Friedrich Schillers berühmter „Ode an die Freude“ als verbindende Kraft gefeiert, die Menschen zusammenbringt. Diese hoffnungsspendende Botschaft hat sich beim Blick ins Konzert nicht gerade eingelöst – ins Opernhaus dürfen nur 250 Besucher. Nur rund ein Viertel der Plätze durfte nach der Corona-Verordnung des Landes besetzt werden.

Es gibt keinen Zweifel an der Notwendigkeit von Einschränkungen in der Corona-Zeit. Respekt gilt den Behörden, die unter oft wechselnden Bedingungen immer wieder neu zu planen haben.

Unverständlich ist aber, warum eine solch willkürliche Grenze gezogen wird, ohne, dass die Größen der jeweiligen Räume einbezogen werden. Das Theater hatte ja überzeugende Konzepte entwickelt und angewendet, die über Monate hinweg einen sicheren Betrieb für deutlich mehr Besucher ermöglichten. Das Kassenteam war wie stets findig und bemüht, aber nun mussten viele treue Unterstützer des Orchesters enttäuscht werden. fra@hna.de